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[Mittelalterpunk] Saltatio Mortis - Für immer frei / Aus fremden Federn (2020) - Druckversion

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[Mittelalterpunk] Saltatio Mortis - Für immer frei / Aus fremden Federn (2020) - Tommy2Rock - 15.10.2020

[Bild: fif.jpg]


Label: Vertigo/Capitol (Universal Music)
Release: 09. Oktober 2020


Tracklist:
01. Ein Traum von Freiheit
02. Bring mich zurück
03. Loki
04. Linien im Sand
05. Für immer jung
06. Palmen aus Stahl
07. Löwenherz
08. Mittelfinger Richtung Zukunft
09. Rose im Winter
10. Factus de materia
11. Seitdem du weg bist
12. Keiner von Millionen
13. Neustart für den Sommer
14. Geboren um frei zu sein


„Für immer frei“ heißt das neue Album von Saltatio Mortis, und im Titel finden sich Bekenntnis und Aufruf zugleich. Und eine stimmige Selbstbeschreibung. Denn frei und offen: So ist die Musik dieser Gruppe; so war sie schon immer, seit Saltatio Mortis im Jahr 2000 in Karlsruhe zueinander gefunden haben; aber so neugierig und virtuos wie auf diesem Album haben sie vielleicht noch nie an der Erweiterung ihrer Möglichkeiten gearbeitet. Saltatio Mortis wirken auch nach zwanzig Jahren immer noch so kraftvoll, leidenschaftlich und neugierig wie am ersten Tag; ihre gewachsene musikalische Reife steigert nur noch die Intensität ihrer Songs. „Für immer frei“: Das ist die Musik einer Band, die ihre Geschichte kennt und um die Zukunft weiß; die so sicher ist, dass sie kein Risiko scheut; und die weiß, dass es heute wichtiger ist denn je, den kräftigen Rock und den zarten Folk nicht den Feinden der Freiheit zu überlassen. (Quelle: Pressetext)


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Saltatio Mortis sind:
Alea: Gesang
Elsi: Dudelsäcke & Schalmeien
Falk: Drehleiern
Frank: Bass
Jean: Gitarren, Piano, Percussion & Hintergrundgesang
Lasterbalk: Schlagzeug
Luzi: Dudelsäcke, Schalmeien & Whistles
Till: Gitarren, Bouzouki & Hintergrundgesang
Gäste:
Henning Wehland (H-Blockx) & Swiss (Swiss & die Andern): Gesang & Rap (Mittelfinger Richtung Zukunft)


Saltatio Mortis hat sich im Laufe der knapp 21 Jahren Bandgeschichte zu einer der größten Bands in der Mittelalterszene hochgearbeitet. Die Musik entwickelte und veränderte sich mit jedem Album und war so immer ein Spiegelbild der Zeit, in der sie entstanden ist. Beim nun zwölften Album "Für immer frei" ist diese Weiterentwicklung nicht mehr so stark hörbar, wie bei seinen Vorgängern. Der Stil von "Brot und Spiele" wurde größtenteils beibehalten und nur bei ein paar Liedern sind deutliche Unterschiede zu hören. Der größte Unterschied ist wohl der, dass man die Musik nicht mehr als Mittelalterpunk bezeichnen kann, sondern eher als Punk, der mit ein paar traditionellen Instrumenten untermalt wird. Wäre mit "Factus de materia" nicht ein akustisches Stück dabei, wären die kritischen Stimmen aus der Fangemeinde wahrscheinlich noch lauter. Die deutliche Linksausrichtung der Texte dürfte jetzt auch dem letzten Hörer auffallen. Stellenweise ist diese schon fast zu aufdringlich. Wie es besser und trotzdem sehr deutlich geht, hat die Band auf "Brot und Spiele" gezeigt. Positive Punkte gibt es ohne Zweifel auch. Die Band hat an der Musik hörbar Spaß. "Neustart für den Sommer" ist jetzt schon zu einer Hymne für das Coronajahr 2020 geworden und "Löwenherz" ist mal wieder eine Beweis, wie gerne Saltatio Mortis Geschichten erzählen und mit "Rose im Winter" ist auch eine wunderschöne Ballade auf der Trackliste des Albums. Die Experimentierfreudigkeit mit "Mittelfinger Richtung Zukunft" und "Palmen aus Stahl" bringt auch mal neue Stilelemente ein und einen Namen wie Henning Wehland auf der Liste der Gastmusiker zu haben, ist auch großartig. Der Part von Swiss ist da schon eher Geschmackssache. Das Mastering des Albums ist eindeutig auf den Rocksound ausgerichtet, was gerade dem Schlagzeug und den Gitarren ordentlichen Druck verleiht. Die Drehleier hingegen hätte man lauter abmischen können. Sie ist zwar in den ruhigeren Stücken gut zu erkennen, aber sobald die E-Gitarren einsetzten, geht sie doch etwas unter. Eine Sache hat die Band noch geschafft, die erwähnenswert ist. Wer jetzt noch sagt, dass Saltatio Mortis stark nach Die toten Hosen klingt, hat sich das Album eindeutig nicht richtig angehört. Die Stilmischung des Albums, die teilweise schon in den Liedern stattfindet, hebt die Band stark von anderen ab. Das Artwork des Albums setzt den Stil des Vorgängers fort und zeigt diesmal eine stilisierte Friedenstaube mit vielen kleinen Details, die teilweise erst beim genaueren Betrachten auffallen.

Mein Fazit: Leider habe ich im Vorfeld über die Kanäle der Band viele Kommentare gelesen, die "Für immer frei" als innovativ und den kreativen Höhepunkt der Band bezeichnen. Dadurch war meine Erwartung entsprechend hoch. Die wenigen Innovationen, wie der Rap bei "Mittelfinger Richtung Zukunft" oder der leichte Metalcore-Sound bei "Palmen aus Stahl", können aber nicht verschleiern, dass "Für immer Frei" im Prinzip nur ein "Brot und Spiele 2.0" ist. Viele Lieder wirken so, als wären sie auch einem Baukasten entnommen, der zur Zeit des Songwritings zu "Brot und Spiele" entstanden ist. Hört man beide Alben hintereinander, fällt dies besonders auf, da größtenteils sogar die gleichen Effekte für die Dudelsäcke und Gitarren verwendet worden sind. Selbst der Aufbau des Albums ist nahezu identisch. Ein ruhiges Intro mit dem "Ohoho" des Folgeliedes gab es schon im Vorgänger. Selbst thematisch dreht man sich im Kreis. Bei "Keiner von Millionen" heißt es "ich bin unbequem und laut", quasi ein "Dorn im Ohr"? Der erhobene Zeigefinger in den Texten ist noch deutlicher zu hören, da freut man sich richtig über Lieder wie "Seitdem du weg bist", "Rose im Winter" und "Factus de materia", bei denen man einfach mal gechillt zuhören kann. "Seitdem du weg bist" ist zwar musikalisch gesehen leichte Kost, aber auch die ist mal nötig und begeistert trotzdem. Natürlich sind Lieder, die eine klare Ansage machen, wünschenswert, aber die Balance zwischen Unterhaltung und ernsten Themen könnte besser sein. Denn für viele ist Musik zur Zeit die einzige Rettung vor den ewig gleichen Themen der sozialen Netzwerke. Insgesamt ist "Für immer frei" somit ein solides Album mit Ecken und Kanten, das trotz aller Kritikpunkte hörenswert ist. Meine Anspieltipps sind "Neustart für den Sommer", "Seitdem Du weg bist", "Loki" und "Löwenherz". 

[Bild: bewertung3_5.png]



RE: [Mittelalterpunk] Saltatio Mortis - Für immer frei / Aus fremden Federn (2020) - Tommy2Rock - 15.10.2020

[Bild: fremdefedern.jpg]


Aus fremden Federn
Bonus CD der Deluxe Edition


Tracklist:
01. Ich werde Wind - Emil Bulls
02. Dorn im Ohr - Dritte Wahl
03. Große Träume - Die Happy
04. Where are the Clowns - Kissin' Dynamite
05. Prometheus - ASP
06. Sie tanzt allein - Subway To Sally
07. Erinnerung - Versengold
08. Heimdall - Schandmaul
09. Wachstum über alles - Russkaja
10. Dem Spielmann sein Schwur - J.B.O.
11. Europa - Sondaschule
12. Spur des Lebens - Indecent Behavior
13. Dinofreunde - Heavysaurus
14. Bread And Games - Firkin
15. Abschiedsmelodie - Elfentahl (Maite Itoiz)


Zum zweiten Mal haben Saltatio Mortis befreundete Musiker und Bands darum gebeten, eigene Versionen zu ihren Liedern aufzunehmen, um diese als Bonus CD anbieten zu können. Darunter sind Begleiter, die beim Mittelalterlich Phantasie Spectaculum (MPS) aktiv sind, aber auch Tourbegleiter und Freunde, bei denen Saltatio Mortis auch selbst schon als Feature dabei waren. Die Namen der Bands dürften sehr vielen Hörer sofort ein Begriff sein, die CD bietet aber auch die Möglichkeit, etwas neues für sich zu entdecken. Die verschiedenen Versionen sind entsprechend im Stil der jeweiligen Band eingespielt worden und reicht von Folk über Mittelalterrock bis hin zu Gothic und Metal. Die Texte sind in einigen Fällen angepasst oder gleich ganz verändert worden und gerade J.B.O. haben auf diese Weise mal etwas ungewöhnliches geschaffen. Heavysaurus haben die Gelegenheit genutzt, um die Unterschiede zwischen Saltatio Mortis und sich selbst aufzuzählen und müssen sich, ganz kindgerecht, sogar selbst zurückhalten. Bei "Wachstum über alles" von Russkaja bleibt dann keiner mehr sitzen, denn der Stil der Band ist eine laute Aufforderung zum Tanzen. "Prometheus" bekommt von ASP eine elektronisch-düstere Atmosphäre verpasst und der Gesang von Alexander "Asp" Spreng  geht wie immer unter die Haut.

Mein Fazit: "Aus fremden Federn" ist als Bonus CD eigentlich schon fast zu schade. Die Qualität der Umsetzungen ist enorm hoch und an anderer Stelle wäre die CD wahrscheinlich als ein "Tribute to.." Album für sich allein erschienen. Die Zusammenstellung der Bands bietet etwas für jeden Geschmack, wobei nicht alles gleich gut gefallen wird. Beim Bekanntgeben der Namen gab es für mich schon einige Highlights, die sich auch beim Hören als Höhepunkte erwiesen haben. ASP, Emil Bulls, Kissin' Dynamite, Versengold, Schandmaul, Russkaja und J.B.O. höre ich an sich schon sehr gerne und so sind ihre Versionen auch die, die ich bis jetzt am häufigsten gehört habe. Zu Heavysaurus habe ich bisher ganz ehrlich keinen Zugang gefunden, die "Dinofreunde" gefallen mir aber auch sehr gut. Bei zwei Versionen skippe ich selbst weiter, denn Die Happy hätten meiner Meinung nach mehr aus ihrer Version holen können. "Ich werde Wind" gibt es weitaus besser schon im Original und in der Klassik Version und ist in der Umsetzung von Subway To Sally so gar nicht mein Fall. Dies ist, wie anfangs erwähnt, aber Geschmackssache und jeder Hörer sollte da für sich entscheiden, welche Versionen er am meisten feiert. Deshalb gibt es von mir auch ein Lob an alle Bands für dieses wunderbare Album. Meine Kaufempfehlung für "Für immer Frei" ist deshalb eindeutig, dass man sich immer eine Version mit der Bonus CD kaufen sollte. Denn sowohl die Limited Deluxe Edition und sogar die an sich schon sehr lohnenswerte Fanbox, werden durch "Aus fremden Federn" eindeutig aufgewertet.

[Bild: bewertung4_5.png]